Geschenkte Zeit

 

Ein kleines Mädchen lief durch die Straßen und sprach die Menschen an, ob sie ihr ein wenig Zeit schenken könnten. Viele schüttelten nur den Kopf über diese absonderliche Frage, andere nahmen sich Zeit und fragten nach dem „Warum“. Ihnen antwortete die Kleine, dass sie die Zeit für ihre Mutti brauche, die nie welche hat. Als das Mädchen bereits sein Vorhaben aufgeben wollte, traf es eine alte Frau, die sagte: „Komm morgen mit deiner Mutti bei mir vorbei, ich möchte ihr ein wenig Zeit schenken.“ Freudig lief die Kleine nach Hause und erzählte ihrer Mutter davon. „Du kommst auf die absonderlichsten Ideen“, meinte diese kopfschüttelnd, aber ich will mit dir zu dieser Frau gehen.

Als sie am nächsten Tag das Haus der Frau betraten, wurden sie zum Kaffee eingeladen. Dann erkundigte sich die alte Dame, warum die Mutter keine Zeit für ihr Kind hatte. Die Alte machte der Mutter daraufhin klar, dass nichts so wichtig wäre wie ihr Kind, denn diese Stunden der Kindheit, würden sich nie wiederholen lassen, auch dann nicht, wenn sie später einmal Zeit hätte. Dann bot sie der jungen Frau an, einige ihrer Aufgaben künftig zu übernehmen. Mit einem Leuchten in den Augen trennten sich alle drei an diesem Nachmittag.

Gott schenkt uns Zeit, jeden Tag aufs Neue, sie sinnvoll zu nutzen, liegt bei uns. (Christina Telker)

 

 

Sonnenuntergang

 

‚Abendstille überall‘, so beginnt ein altes Volkslied. Sein Text kommt mir in den Sinn, als ich mit meinem Mann einen Abendspaziergang durch die Wiesen mache. Am Horizont zeigt sich das Abendrot, ein Anblick den ich so schnell nicht vergessen werde. Gott selbst, wünscht uns, mit diesem Naturschauspiel eine gute Nacht und sendet uns seinen Abendsegen. So jedenfalls empfinde ich diese himmlische Ruhe, gepaart mit dem Blick in die untergehende Sonne, den wir in diesem Augenblick genießen dürfen. Abendstille; nach des Tages Hast nun dieser Moment der völligen Entspannung. Eintauchen in die Natur, mit ihr eins sein. Wir halten uns bei den Händen und singen leise, im Verein mit den Vögeln, die auch gerade ihr Abendlied zu Gehör bringen. Noch so manches Lied fällt uns ein, dass in unsere momentane Stimmung passt. Dieser Spaziergang ist völlig kostenlos und doch bringt er uns mehr, als Beruhigungstabletten oder ähnliches.

Der Morgen graut am Firmament

 

Sind sie auch so ein Frühaufsteher wie ich?  Schon von Kindheit an bin ich es nicht anders gewohnt, als früh aufzustehen. Da ich keinen Kindergarten kennenlernte, weil meine Mutter zu Hause war, Schlief ich dann im Winter dafür auch etwas länger. Ganz gleich zu welcher Jahreszeit, ganz gleich, ob Sonne oder Regen, mein erster Weg, war stets der zum Fenster. Was hält der neue Tag wohl heute bereit? Es war schön, im Vorschulalter, sich ganz vom Sonnenaufgang leiten zu lassen. Mein Vater kam gegen zehn Uhr zum zweiten Frühstück. Da hatte er bereits einen Teil seines Arbeitstages hinter sich. Nach diesem Frühstück hielten wir gemeinsam die Morgenandacht. Einen neuen Morgen zu beginnen ohne Gott für diesen neuen Tag zu danken, könnte ich mir auch heute nicht vorstellen.

Welch ein herrlicher Tag liegt doch vor uns, wenn wir ihn früh beginnen. Im Allgemeinen steht am Anfang eines Tages der Schultag oder der Arbeitstag. Die folgende Freizeit können wir ganz ach unseren Wünschen gestalten. Wie schön, jede Zeit des Tages sinnvoll auszufüllen. Täglich bekommen wir vierundzwanzig Stunden geschenkt. Gewiss, wir brauchen auch einige Stunden davon zum Schlafen, um für den neuen Tag ausgeruht zu sein. Doch bleiben uns noch genügt freie Stunden, die wir mit unseren Hobbys und persönlichen Vorhaben füllen können. Langeweile war für mich stets ein Fremdwort, ganz gleich, ob in der Kindheit oder später im Ruhestand. Wie schade, wenn wir die uns täglich neu, geschenkten Stunden nutzlos vertreiben würden. Immer wieder höre ich von manchen Menschen, mir ist ja so langweilig! Dann frage ich mich immer wieder, warum? Jedem von uns wurden von Gott Talente und Begabungen geschenkt, um sie zu nutzen. Warum versuchen wir nicht einmal, diese Gaben in unseren Tag einzubringen. Hiermit können wir nicht nur uns, sondern auch anderen Menschen eine Freude bereiten.

(Christina Telker)